Dr. Christian Schmidt-Wellenburg

Universität Potsdam

Curriculum Vitae

Dr. Christian Schmidt-Wellenburg studierte Soziologie, Politikwissenschaften und Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Marburg, Dresden und Manchester sowie an der Humboldt Universität zu Berlin. Nach seinem Abschluss als Diplomsozialwissenschaftler 2004 folgten Tätigkeiten als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Lehrbereich Allgemeine Soziologie des Instituts für Sozialwissenschaften der HU Berlin, als Redakteur des Berliner Journals für Soziologie und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl II für Soziologie der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Seit 2009 ist Christian Schmidt-Wellenburg als Akademischer Mitarbeiter an der Universität Potsdam tätig. Darüber hinaus war er assoziiertes Mitglied der Berlin Graduate School of Social Sciences der Humboldt Universität sowie Stipendiat und Koordinator des DFG-Graduiertenkollegs „Märkte und Sozialräume in Europa“ der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. 2012 erlangte er dort ebenfalls seinen Doktorgrad mit einer Arbeit zum Thema „Die Rolle der Unternehmensberatung im Wandel des Managementfeldes“. Seine Promotion wurde 2013 mit dem Promotionspreis der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ausgezeichnet.

Seine Forschungsschwerpunkte sind vor allem die Wirtschaftssoziologie, die Wissenssoziologie, die Diskurs- und Feldanalyse sowie die Gesellschaftstheorie.

Von April bis September 2019 war Dr. Christian Schmidt-Wellenburg Fellow am Käte Hamburger Kolleg „Recht als Kultur“ in Bonn.

Forschungsprojekt                                                                        

„Polit-ökonomische Expertise in der Krise: Zum Verhältnis von Recht und Wirtschaft in europäischen Expertengruppen“

Das angestrebte Forschungsvorhaben widmet sich anhand eines konkreten empirischen Gegenstandes – europäische Expert*innengruppen – der Frage, wie sich das Verhältnis von Recht und Wirtschaft, die als Disziplinen im akademischen Feld, als Regierungsexpertise im politisch-bürokratischen Feld und als praktische Professionen im juristischen und wirtschaftlichen Feld begriffen werden, im Zuge der europäischen Integration entwickelt hat. Expert*innengruppen sind aus zwei Gründen von Interesse. Einerseits vereinen und bewerten Expert*innengruppen die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen und als legitim anerkannten Standpunkte zu einem Thema, umreißen die zentralen Probleme, Krisendefinitionen und Lösungsansätze und bemühen für deren Beurteilung die als legitim geltenden Rechtfertigungsordnungen. Andererseits wird im Zuge der Besetzung von Expert*innenkommissionen die unterschiedliche Wertigkeit verschiedener Expert*innentypen, bestimmbar durch akademische Abschlüsse und Disziplinzugehörigkeiten sowie den professionellen Werdegang der Berufenen, einsehbar, mehr noch: Die Wertigkeit wird durch die Berufung in eine Expert*innenkommission einer europäischen Institution aktiv hergestellt.

Im Zuge der 2008 beginnenden Subprime-, dann Wirtschafts- und Staatsschulden- sowie letztlich Europakrise wurden zwei europäische Expert*innengruppen, die De-Larosière-Gruppe von 2008 und die Liikanen-Gruppe von 2012, eingesetzt. Diese lassen sich einerseits synchron mit elf nationalen und transnationalen Expert*innengruppen, die im Zuge der Krise geschaffen wurden, vergleichen, andererseits diachronen mit in den letzten fünf Jahrzehnten zu polit-ökonomischen Themen einrichteten europäischen Expert*innengruppen. Hierbei kommen in einem ersten Schritt interpretative Methoden zum Einsatz, mit deren Hilfe die Berichte der Gruppen und einzelne Äußerungen als diskursive Ereignisse sowie die Lebensläufe der Expert*innen als Feldpositionierungen analysiert werden. In einem zweiten Schritt lassen sich dann mit Hilfe der geometrischen Datenanalyse diskursive und Feldstrukturen rekonstruieren, die es erlauben, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Expert*innen und Expert*innengruppen zu visualisieren.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, zwei zentralen Fragen zum Verhältnis von Recht und Wirtschaft im europäischen Kontext nachzugehen: Erstens der Frage, welche Bedeutung ökonomischem Expertentum gegenüber juristischem Expertentum zukommt, wobei zu prüfen ist, ob seit den 1980er Jahren wirklich von einer Ökonomisierung der europäischen Institutionen gesprochen werden kann, die eine erste Phase der Verrechtlichung ablöst; zweitens der Frage, ob die Bedeutung marktförmig-neoliberaler Regulierungstechniken, die auf systemische Selbst- und Kontextsteuerung von Populationen setzten, gegenüber normativ-disziplinaren Regulierungstechniken, die auf die Überwachung des Einzelnen abzielen, zugenommen haben, und dies vor allem im europäischen Kontext.

Publikationen (Auswahl)

Monographien

  • „Die Regierung des Unternehmens. Managementberatung im neoliberalen Kapitalismus“. Konstanz: UVK. 2013.
  • „Internationalisierung der Betriebswirtschaftslehre an Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ (zus. mit Johann Engelhard und Dirk Steinhausen) Bamberger Betriebswirtschaftliche Beiträge, Nr. 145/2007
  • „Evolution und sozialer Wandel. Neodarwinistische Mechanismen bei W. G. Runciman und N. Luhmann“. Opladen: Barbara Budrich Verlag. 2005

Herausgeberschaften

  • „Relationale Soziologie: Einheit und Vielfalt eines Forschungsprogramms“, Special Issue Berliner Journal für Soziologie, Jg. 27, H. 3/4, 2018 (hrsg. zus. mit Daniel Witte und Andreas Schmitz).
  • „Economists, Politics, and Society. New insights from mapping economic practices using field-analysis”, Special Issue Historical Social Research, Jg. 43, H. 3, 2018 (hrsg. zus. mit Frédéric Lebaron).
  • „Politische Soziologie transnationaler Felder“, Schwerpunktheft des Berliner Journals für Soziologie, Jg. 24, H. 2, 2014 (Gastherausgeberschaft zus. m. Stefan Bernhard).
  • „Feldanalyse als Forschungsprogramm 1: Der programmatische Kern“. Wiesbaden: Springer VS, 2012, (hrsg. zus. mit Stefan Bernhard).
  • „Feldanalyse als Forschungsprogramm 2: Gegenstandsbezogene Theoriebildung“. Wiesbaden: Springer VS, 2012, (hrsg. zus. mit Stefan Bernhard).

Aufsätze und Buchbeiträge

  • „Europa und seine Krise als umkämpfte Objekte volkswirtschaftlicher Deutungen im Feld deutschsprachiger Volkswirt*innen“.  In: Culture, Practice and Europeanisation, Jg. 3: H 2, 2018, S. 30-55. 
  • „Zur Einheit und Relationalität soziologischer Relationsbegriffe“ (zus. mit Daniel Witte und Andreas Schmitz). In: Berliner Journal für Soziologie, Jg. 27: H. 3/4, 2018, S. 347-376.
  • „There is no such thing as ‘the economy’. Economic phenomena analysed from a field-theoretical perspective“ (zus. mit Frédéric Lebaron). In: Historical Social Research, Jg. 43: H. 3, 2018, S. 7-38.
  • „Struggling over Crisis. Discoursive Positionings and Academic Positions in the Field of German-Speaking Economists“. In: Historical Social Research, Jg. 43: H. 3, 2018, S. 147-188.
  • „Europeanization, Stateness, and Professions: what role do economic expertise and economic experts play in European political integration?“ In: European Journal of Cultural and Political Sociology, 4: 4, 1-27.
  • „Der Aufstieg der Beratung zur transnationalen Regierungsform im Feld des Managements“. In: Berliner Journal für Soziologie 24: 2, 227-255.
  • „EU Citizenship“. In: M. Bach./B. Bach-Hönig (Hrsg.), Europasoziologie. Handbuch für Wissenschaft un Studium. Baden-Baden: Nomos. (zus. mit J. Mackert), 2018
  • Feldtheoretische Perspektiven“ [Field theoretical perspectives]. In: M. Bach/B. Bach-Hönig (Hrsg.), Europasoziologie. Handbuch für Wissenschaft und Studium. Baden-Baden: Nomos. (zus. mit S. Bernhard), 2018